Leitung

Wolfserwartungsland (UA)

Florian Wacker

Einmal standen hier viele Häuser, einige stehen noch, andere sind zusammengefallen oder abgebrannt. Überall wachsen Bäume. Früher träumte man noch vom Aufstieg, von der wirtschaftlichen Expansion, man steigerte sich in Ideen hinein und machte Pläne, man schwärmte. Aber nicht alles taugt zur Maximierung. Nicht alles wird groß. Mehr weiß ich nicht. Vielleicht noch das: Menschen verschwinden auf merkwürdige Art und Weise.

Als Wolfserwartungsland werden Regionen bezeichnet, die für eine Wiederansiedlung des Wolfs günstige Bedingungen bieten. Eine solch strukturschwache Gegend wird zum Schauplatz für eine Handvoll Figuren, die schon bessere Tage gesehen haben — genau wie das abgelegene Hotel, in dem sie einander begegnen. Aber anders als der Wolf, der als Grenzgänger weite Strecken durchwandert und den sie als gefahrvolle Sehnsuchtsfigur bezwingen wollen, sind diese Menschen gestrandet an diesem Ort, der kein Außen zu kennen scheint. Sie behaupten Zukunftsvisionen, die sich, genau wie ihre Beziehungen, vor allem aus Klischees speisen. Aber insgeheim haben sie vielleicht schon verstanden, dass ihre großen Erwartungen kaum jemals Realität werden können. In diese zum Stillstand verdammte Szenerie treten als Hoffnungsträger zwei Fremde aus der imaginären großen weiten Welt. Oder sind es Geister aus einer verdrängten Vergangenheit?

„Wolfserwartungsland“ wartet mit einem konkreten Ort und scharf gezeichneten Figuren auf und führt damit auf die Fährte eines Realismus, in dem sich unvermittelt surreale, albtraumhaft komische Abgründe auftun. Ein Gasthaus ohne Gäste in einem Wald am Ende aller Hoffnung. Es ist das erste Theaterstück von Florian Wacker, der am Deutschen Literaturinstitut Leipzig studiert hat. Seine Texte wurden in zahlreichen Anthologien und Literaturzeitschriften veröffentlicht. Sein erster Roman „Dahlenberger“ erhielt 2015 den Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis.

Regisseur Gordon Kämmerer studierte Schauspiel in Leipzig und Theaterregie an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin. Seine Leipziger Uraufführung von Nolte Decars „Das Tierreich“ wurde 2015 zum Heidelberger Stückemarkt und zum Münchner Festival radikal jung eingeladen. Ebenfalls am Schauspiel Leipzig inszenierte Kämmerer 2015 die Uraufführung von Ferdinand Schmalz’ „der herzerlfresser“ und 2016 Schillers „Die Räuber“.

Premiere: 23. März 2018
Theaterpädagogische Betreuung: Jennifer Gaden