Leitung

Sechs Personen suchen einen Autor

Luigi Pirandello

Mitten in die Probe eines Theaterstücks platzt eine Familie. Sechs Personen eines noch nicht geschriebenen Stückes, die ihre Tragödie aufführen wollen. Da die Theaterprobe in Ermangelung eines guten Stücks ohnehin belanglos erscheint, wird ihnen und ihrer Geschichte Gehör geschenkt.
Dabei tut sich das Drama einer vormodernen Patchwork-Familie auf: Als der Vater von einem Verhältnis der Mutter mit seinem Sekretär erfährt, fordert er sie dazu auf, ihn und den gemeinsamen Sohn zu verlassen. Aus der Verbindung mit ihrem neuen Mann bekommt die Mutter drei weitere Kinder. Jahre später begegnet der Vater seiner ältesten Stieftochter in einem Bordell. Es kommt zu einer versuchten Familienzusammenführung, doch der Sohn verweigert den Kontakt zu Mutter, Halbschwester und deren zwei Geschwisterchen, die schließlich beide ein tragisches Ende finden — ob im Spiel oder in Wirklichkeit, darüber entbrennt zwischen der Familie und den Theaterleuten eine wilde Diskussion.
Die sechs Personen fühlen sich als halbfertige, vom Autor vernachlässigte Figuren. Das „Drama in ihnen“ solle endlich zu Ende geschrieben werden, verlangt der Vater — und der Regisseur will aus der Familiengeschichte ein Stück machen. Doch man kommt nicht zueinander. Man verliert sich im Disput — nicht verstehend, dass die einen vom Leben sprechen, während die anderen die perfekte Illusion suchen.

Wie wirklich ist die Wirklichkeit? „Der Mensch hat das Bedürfnis, sich ständig durch die Erschaffung einer Wirklichkeit über die Realität zu täuschen“, schrieb Luigi Pirandello. Der sizilianische Literaturnobelpreisträger revolutionierte mit seinem berühmtesten Stück, 1921 uraufgeführt, das Theater durch die absurd-komische Vermischung von Spiel und Wirklichkeit. Pirandello machte das Theater selbst zum Gegenstand des Theaters und enthüllte nicht nur das Spiel der Rollen als Schein des Theaters, sondern auch das Leben selbst als ein Theaterspiel mit Rollen und Masken, hinter denen manchmal das nackte Nichts zu finden ist.

Moritz Sostmann studierte Puppenspiel an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin. Nach Jahren als freier Schauspieler bei Film und Fernsehen sowie am Theater Basel, am Schauspielhaus Wien, am Hebbel Theater und am Maxim Gorki Theater Berlin arbeitet er überwiegend als Regisseur, u. a. in Berlin, Halle, Luzern und Dresden. In seinen Inszenierungen vereint er Schauspiel mit Puppenspiel, immer unter der Frage der Konkurrenz von Mensch und Puppe, von Natürlichkeit und Künstlichkeit, von Realität und Projektion. Seit der Spielzeit 2013/14 ist Moritz Sostmann Hausregisseur am Schauspiel Köln.

Premiere: 10. Februar 2018
Theaterpädagogische Betreuung: Jennifer Gaden